In unserer alternden Gesellschaft stehen wir vor neuen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt. Die Frage, wie ältere Arbeitnehmende besser integriert werden können, rückt immer mehr in den Vordergrund. Die Studie von Swiss Life, «Länger leben – länger Arbeit geben? Zahlen, Fakten und Entwicklungen zum Arbeitsmarkt 55+», liefert nicht nur interessante Einblicke, sondern unterstreicht auch die Wichtigkeit, ältere Menschen nicht vom Arbeitsmarkt auszuschliessen.
Die Studie Länger leben – länger Arbeit geben? Zahlen, Fakten und Entwicklungen zum Arbeitsmarkt 55+ (Oktober 2021) beginnt mit einem Blick auf die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust und die Diskussionen um das Renteneintrittsalter. Eine weit verbreitete Sorge älterer Arbeitnehmenden ist die Ungewissheit über die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes gegen Ende ihrer beruflichen Laufbahn. Die Studie zeigt, dass diese Sorgen durchaus berechtigt sind, und weist gleichzeitig auf eine Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Unternehmen und den tatsächlichen Ängsten der Arbeitnehmenden hin. Seit der Publikation der Studie sind fast zwei Jahre vergangen in welchen die Relevanz dieses Themas angesichts des fortwährenden Fachkräftemangels sogar noch gestiegen ist.
Arbeitsmarkt ab 55 – Sonnen- und Schattenseiten
Die Autorenschaft der Studie beleuchten die Sonnen- und Schattenseiten des Arbeitsmarktes für Personen ab 55 Jahren.
Sie hat dabei herausgefunden, dass einerseits die Erwerbsquote in dieser Altersgruppe steigt, insbesondere bei den 60- bis 64-Jährigen und bei den Frauen. Andererseits zeigt sich aber auch, dass die Wiedereingliederung nach einem Stellenverlust ab 55 schwieriger ist, und nachhaltige finanzielle Konsequenzen drohen. Hier wird klar, dass ältere Arbeitnehmende zwar gut integriert sind, aber dennoch mit Herausforderungen konfrontiert werden.
Personalpolitik 55+ in Schweizer Unternehmen
Ebenfalls wird im Rahmen der Studie die Personalpolitik für ältere Arbeitnehmende in Schweizer Unternehmen beleuchtet. Interessant ist dabei, dass die Bereitschaft, Personen ab 55 Jahren einzustellen, und die tatsächliche Umsetzung stark auseinanderklaffen (Im Rahmen der Studie wurden Führungskräfte befragt. Deren Antworten repräsentieren nicht unbedingt die offizielle Personalpolitik des jeweiligen Unternehmens, sondern die persönliche Einstellungspraxis der Befragten.).
Die Unternehmen sind grundsätzlich bereit, ältere Mitarbeitende einzustellen, setzen dies aber statistisch nur bedingt um. Die Studie zeigt auch, dass viele ältere Arbeitnehmende selbst nicht bereit sind, vor der Pensionierung das Unternehmen zu wechseln. Dies deutet darauf hin, dass es für eine ganzheitliche Beurteilung auch notwendig ist, die Gesichtspunkte älterer Arbeitnehmenden zu berücksichtigen.
Arbeitsmarkt vor Umwälzung
Zum Abschluss werfen die Schreibenden einen Blick in die Zukunft des Arbeitsmarktes für ältere Erwerbspersonen. Der demografische Wandel, geprägt durch den bevorstehenden Ruhestand der Babyboomer-Generation und einen Mangel an Nachwuchs, lässt eine Verringerung des Arbeitskräfteangebots erwarten.
Die Studie weist darauf hin, dass ohne Gegenmassnahmen eine Personalknappheit entstehen könnte, und schätzt, dass bis 2040 in der Schweiz fast eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen könnten. Die Diskrepanz zwischen dem aktuellen Fachkräftemangel und der passiven Personalpolitik gegenüber älteren Arbeitnehmern wird ebenfalls aufgezeigt.
Fazit zur Studie
Die Ergebnisse aus der Swiss Life Studie unterstreichen, wie wichtig es ist, ältere Arbeitnehmende nicht nur als Ergänzung, sondern als unverzichtbaren Bestandteil der Belegschaft zu betrachten. Unternehmen müssen nicht nur ihre Personalpolitik überdenken, sondern auch aktiv Massnahmen ergreifen, um ältere Arbeitnehmende zu fördern und zu integrieren.
Zum einen zeigt die positive Entwicklung der Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen, dass ältere Arbeitnehmende einen wertvollen Beitrag leisten. Ihr Erfahrungs- und Wissensschatz ist eine nicht zu unterschätzende Ressource. Zum anderen verdeutlichen die Ängste vor dem Arbeitsplatzverlust und den damit verbundenen finanziellen Folgen, dass die Unternehmen aktiv werden müssen. Dies kann durch gezielte Weiterbildungsprogramme für Ältere, flexible Arbeitszeitmodelle und eine aktivere Personalpolitik geschehen.
Darüber hinaus sollten die Unternehmen nicht nur darauf achten, ältere Arbeitnehmende zu halten, sondern auch aktiv darauf hinwirken, dass sich die Einstellung unter allen Arbeitnehmenden gegenüber älteren Mitarbeitenden ändert. Die Studie zeigt, dass viele ältere Arbeitnehmende selbst nicht bereit sind, das Unternehmen zu wechseln, was auf eine gewisse Unsicherheit hindeuten könnte.
Insgesamt macht die Studie für uns deutlich, dass sich die Arbeitswelt verändert – nicht freiwillig, sondern demografisch bedingt – und Unternehmen müssen darauf vorbereitet sein. Die Integration älterer Arbeitnehmenden ist nicht nur eine soziale Verpflichtung, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Nur durch eine ganzheitliche Betrachtung und Förderung der älteren Generation kann sichergestellt werden, dass in der Schweiz auch in Zukunft genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und gleichzeitig niemand aufgrund seines Alters vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen wird.