Anfang September besuchten wir die Fachtagung von GERONTOLOGIE CH im Theatersaal des Hotel National Bern. Die Fachtagung widmete sich dem Thema Digitalisierung und Technisierung im Alter. Im Fokus standen innovative Ansätze, um die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern und die Herausforderungen des demografischen Wandels zu meistern.

Neben den Vorträgen konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch verschiedene Produkte und Technologien ausprobieren und sich an den Ständen der Aussteller informieren. Die Veranstaltung bot somit einen umfassenden Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Altersforschung und -pflege.

Hintergründe

GERONTOLOGIE CH ist der führende Schweizer Fachverband für Fachpersonen im Altersbereich und vereint heute rund 1’300 Mitglieder. Der Verband fördert den Austausch zwischen Forschung, Praxis und Lehre, ist politisch unabhängig und wird durch Beiträge aus dem AHV-Fonds finanziert. Durch seine vielfältigen Aktivitäten trägt GERONTOLOGIE CH massgeblich zur Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen bei.

Mitglieder profitieren von einem breiten Angebot an Weiterbildungen, Netzwerken und Publikationen. Ergänzend dazu, werden an den nationalen Fachtagungen von GERONTOLOGIE CH aktuelle und zukünftige Entwicklungen beleuchtet und Diskussionen mit Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten geführt.

Thematischer Schwerpunkt der 5. Fachtagung war die Digitalisierung und Technisierung als Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels.

Ablauf der Fachtagung

Camille-Angelo Aglione (AVALEMS) moderierte die Fachtagung und führte gekonnt durch den Tag. Es wurden Vorträge über Studien und umgesetzte Projekte gehalten. Danach gab es jeweils eine Fragerunde aus dem Publikum. Dank der Kopfhörer mit Simultanübersetzung war es problemlos möglich, den Vorträgen zu folgen, auch wenn die Fachterminologie komplex war.

Unter der Moderation von Camille-Angelo diskutierten die Experten die gestellten Fragen und gingen auf die Kommentare des Publikums ein.

Adrian Weber (SMS Schweizer Malschule GmbH) hielt die Geschehnisse auf der Bühne in farbigen Cartoons fest. Diese wurden nach dem Vormittags- und Nachmittagsblock als Rückblick gezeigt und sorgten für einige Lacher im Publikum.

Vormittag

Dr. Delphine Roulet Schwab (GERONTOLOGIE CH) und Camille-Angelo Aglione begrüssten die Anwesenden im Saal. Die Präsidentin, ihres Zeichens auch Professorin an Institut und Hochschule für Gesundheit La Source stellte dann gemeinsam mit ihrer Forschungsassistentin Sophie Sieber die Arbeit “Smarte Technologien: der Preis, den wir für die Freiheit zahlen?” vor.

Im Anschluss plädierte Dr. Heinz Rüegger in seinem Vortrag “Ethische Aspekte im Umgang mit Technologien” dafür, dass Technologischen Helfer die 7 ethischen Kriterien erfüllen: Persönliche Zuwendung, Benefizienz, Selbstbestimmung, Privatsphäre, Transparenz, Gerechtigkeit und Entlastung Betreuung/Pflege. Auch führte er ins Feld, dass es in der Praxis oftmals keine einfachen Lösungen ab der Stange gibt und ein situatives Abwägen verschiedener Aspekte bedarf.

Rémi Burgain (Résidence Le Manoir) seinerseits stellte die Reisetherapie vor. Dabei handelt es sich um einen innovativen, nicht medikamentösen Behandlungsansatz bei Demenz. Er berichtete von Patienten, welche auf dieser simulierten Zugreise so viel gesprochen haben, wie schon lange nicht mehr.

Video Reisetherapie

Dr. Sebastian Frese (ZURZACH Care) berichtete vom AAL EU-Innovationsprojekt «RecoveryFun». Mit Hilfe der Virtual-Reality-basierten Tele-Rehabilitation sollen bessere Resultate bei Patienten erzielt werden, welche sich selbständig zu Hause therapieren. Automatisch gemessene Daten der Übungen werden in ein Portal für Health Professionals (z.B. Arzt) zwecks Therapieverfolgung hochgeladen. Gleichzeitig erhalten auch Care Giver (Angehörige oder Institutionen) in einer medizinisch abgespeckten zweiten Plattform, Einblick über die Reha-Aktivitäten des Patienten.

Unter dem Titel “Who Cares? Innovative Unterstützung für betreuende Angehörige” warb Patrick Hofer (Swiss Carers) für mehr Mitgliedschaften ihrer Swiss Carers Plattform, welche unterschiedlichste Dienstleister im Care Giving Bereich vereint. Seine sympathisch ehrlich vorgetragenen Insights zu verschiedenen Vorhaben und Challenges aus der kürzeren Vergangenheit wurden im Publikum amüsant aufgenommen.

Daraufhin durften die drei Sponsoren Movement Sciences AG, bonacasa AG und Arabesque LLC 3-minütige – oder waren es dann doch 5 😉 – Elevator-Pitches auf der Bühne vortragen.

“Aktivierender” Elevator Pitch von Movement Sciences AG

“Aktivierender” Elevator Pitch von Movement Sciences AG

Zum Abschluss des Vormittags stellte Gabriel Serero die Emotion Food Company vor. Sie stellen altersgerechten Speisen her, welche gut schmecken, ansprechend aussehen und problemlos zu schlucken sind. So können durch Mangelernährung verursachte Gesundheitskosten eingespart und Food Waste verhindert werden.

Nachmittag

Nach Adrian Webers cartoonistischen Rückblick auf den Vormittag stand die Verleihung des Annerkennungspreises “Prix GERONTOLOGIE CH 2024” als nächstes auf dem Programm. Mit diesem Preis werden wissenschaftliche Abschlussarbeiten im Altersbereich ausgezeichnet, welche sich durch einen besonders innovativen Charakter und einen hohen Praxisbezug hervorgehoben haben.

Dr. Delphine Roulet Schwab und Beatrix Horni stellten die Arbeiten der 3.- (Debora Lehmann und Anja Lüdi) und 2.-platzierten (Anna Jörger) kurz vor und gratulierten der Gewinnerin Cecilia Fernàndez Silva. Cecilia stellte ihre prämierte Arbeit mit dem Titel «Prise en soins d’un trouble dépressif chez une patiente hospitalisée en soins somatiques» kurz vor.

1. Platz Prix GERONTOLOGIE CH 2024: Cecilia Fernàndez Silva

1. Platz Prix GERONTOLOGIE CH 2024: Cecilia Fernàndez Silva

Mitten aus dem Leben gegriffen war der nächste Beitrag von Rafael Fink (HES-SO) und Jean-Marc Poulin (COSY). Sie stellten die Plattform “Digital Facile” vor, das partizipative Projekt des SeniorLabs, welches die digitale Inklusion von SeniorInnen fördert.

Franziska Dürr (TiM/TaM) berichtete vom Generationen Projekt TiM – «Tandem im Museum». Museumsbesucher erfinden zu zweit ihre eigenen Geschichten zu Ausstellungsobjekten und teilen diese online mit der Community. Das Konzept wird auch in Seniorenheime getragen, wo die Bewohner vor Ort Geschichten erfinden können.

Was sind hinter dem merkwürdig klingenden Begriff «Exergaming» verbirgt, erklärte uns Dr. Anna Martin-Niedecken (ZHdK /Sphery AG). Exergaming macht sich den angeborenen Spieltrieb des Menschen zunutze, um “Spielend fit bis ins Alter” zu gelangen. Exergamer spielen sich durch einen interaktiven Parkour, welcher jeweils an die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Spielenden angepasst ist und unterschiedliche Ziele (Spass, Aktivierung, Rehabilitation, Ausdauer etc.) berücksichtigt. Und all dies auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung.

An der abschliessenden Podiumsdiskussion wurden interdisziplinär die Herausforderungen der Alterstechnologien diskutiert und Fragen aus dem Publikum beantwortet. Durchaus übereinstimmend wurde festgehalten, dass diese Technologien sich nicht nur an den Defiziten der Senioren orientieren, sondern auch für positive Aktivitäten zum Einsatz kommen sollen. Das Individuum muss immer berücksichtigt werden, eine Lösung “ab der Stange” funktioniert nicht. Zudem darf Technologie keine Gräben zwischen Anwendern und Nichtanwender schaffen, sondern muss inklusiv funktionieren. Technologie soll auch keine Menschen ersetzen, sondern sie unterstützend und begleiten. Last but not least, spielt die Ausbildung von Personen eine matschentscheidende Rolle für eine erfolgreiche Integration und Akzeptanz von Technologie im Alltag.

Podiumsdiskussion: Dr. Heinz Rüegger, Dr. Alexander Seifert, Rémi Burgain, Dr. Delphine Roulet Schwab und Jean-Marc Poulin an der Podiumsdiskussion (vlnr)

Podiumsdiskussion: Dr. Heinz Rüegger, Dr. Alexander Seifert, Rémi Burgain, Dr. Delphine Roulet Schwab und Jean-Marc Poulin an der Podiumsdiskussion (vlnr)

Im Anschluss an das Panel stellte Bertino Somaini das Projekt Belia vor, welches aus der Arbeitsgruppe “Altersgerechte Zukunft” der Gesundheitsförderung Schweiz hervor gegangen ist. Ältere Menschen können online Fragen zu ihren Bedürfnissen beantworten und erhalten als Resultat Aktivitäten und Angebote vorgeschlagen.

Zum Abschluss fasste Adrian Weber den Nachmittag in seinen Cartoons zusammen und Camille-Angelo Aglione und Dr. Delphine Roulet Schwab verabschiedeten sich vom Publikum und schlossen die gelungene Veranstaltung. Die aus allen Landesteilen angereisten Besucher machten sich im strömenden Regen auf den Heimweg. Sicherlich werden viele auch nächstes Jahr wieder an der 6. Ausgabe der Fachtagung GERONTOLOGIE CH teilnehmen, welche am 4. September 2025 wiederum in Bern stattfinden wird.

Adrian Weber fasste das Geschehen auf der Bühne in seinen Cartoons zusammen

Adrian Weber fasste das Geschehen auf der Bühne in seinen Cartoons zusammen