Im Gemeinschaftsgrab des Friedhofes Albisrieden gestaltete der bekannte Zürcher Plastiker Jürg Altherr die Kunstinstallation „Windrechen“. Der Sohn des berühmten Architekten und Künstlers Alfred Johan Altherr war fasziniert von grossen Kunst-Installationen. Grosse und schwere Gegenstände – welche sich selbst oftmals durch ihr Eigengewicht in der Balance halten – integrierte er immer wieder in seinen Werken.
Nicht selten sorgten diese dann aber auch für Unmut bei der lokalen Bevölkerung. Der ca. vier Meter hohe „Uterus Altar“ aus Karton, der sechs Meter hohe „Schlitz“ oder aber der 18 Meter hohe „Turm“ sorgen nur schon aufgrund ihrer Dimensionen für Diskussionsstoff.
So auch die riesige Raumskulptur „Windrechen“, welche im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Gemeinschaftsgrabes auf dem Friedhof Albisrieden, in Zusammenarbeit mit Ernst und Hausherr Landschaftsarchitekten im Jahre 2010, aufgestellt wurde.
Die Blicke der Friedhofbesucher folgen den mehreren Meter hohen, rostigen Eisenstangen gen Himmel. Die am oberen Ende horizontal angebrachte Stahlträger bilden den „Rücken“ des Windrechens und es entsteht der Eindruck eines eingerahmten Stückchen Himmels. Dies war die Absicht des Künstlers, welcher mit seinen Werken Räume an Orten schaffen wollte, wo sie so an sich gar nicht existierten.
Ebenfalls kein Zufall ist der rostige Zustand der Skulptur: Die Korrosion des Eisens symbolisiert die allgegenwärtige Vergänglichkeit. Gerne hätten wir mit Jürg Altherr über diese Thematik – und über die Umsetzung derselben in seinen Kunstwerken – gesprochen. Lotete der Künstler mit seinen Werken einerseits die Grenzen der Physik aus, liess er andererseits auch seine Spiritualität in die Werke einfliessen. Ob vielleicht auch die „Himmelsleiter“ – eine 25 Meter grosse Installation zwischen zwei Verwaltungsgebäuden in Zürich – eine Verbindung zwischen irdischen und himmlischen Welten darstellt?
Ich stehe mit beiden Füssen auf der Erde. Gleichzeitig stecke ich Kopf voran im Ende der Unendlichkeit. Sie berührt mich ringsum. Auf der Erde kann ich den Ort wechseln. Die Unendlichkeit begleitet mich immer.
Das obenstehende Zitat lässt sicherlich Raum für Spekulationen in dieser Richtung zu. Doch leider ist Jürg Altherr 2018 im Alter von 73 Jahren verstorben. Bestattet wurde er im Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof Albisrieden, unter „seinem“ Windrechen. Sein künstlerisches Vermächtnis wird nicht zuletzt auch durch seine Tochter Johanna Altherr weitergeführt. Auch sie hat sich der Kunst verschrieben.